Selbstständigkeit
Selber machen.
Sie können im Insolvenzverfahren selbstständig sein.
Freigabeähnliche Erkärung
Es kommt im eröffneten Insolvenzverfahren darauf an, ob und dass die selbstständige Tätigkeit Ihnen gegenüber “freigegeben” ist:
- Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. (…), vgl. § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO.
Insel
Erst mit dieser Erklärung wird Ihr Unternehmen zur Insel im Insolvenzbeschlag, über die die Insolvenzverwaltung keine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis mehr hat und die eine gesonderte Vermögens- und Haftungsmasse darstellt, vgl. BGH IX ZR 246/17.
Fiktives Gehalt
Stattdessen hat der Insolvenzschuldner die pfändbaren Anteile aus einem fiktiven, angemessenen Gehalt eigenständig jährlich an die Insolvenzverwaltung abzuführen, vgl. BGH IX 43/12, wenn seine Einnahmen es zulassen; der Eintritt des Schuldners in das Rentenalter schließt diese Pflicht nicht aus, vgl. BGH IX ZB 60/16.
Mitwirkungspflicht
Die Freigabe nach § 35 Abs. 2 InsO löst für den Schuldner zusätzliche Verpflichtungen, vgl. BGH IX ZB 38/10 aus, deren Nichtbeachtung zur Versagung der Restschuldbefreiung führen kann.
Anders als in der sogenannten Wohlverhaltensphase sind diese keine Obliegenheiten, sondern Mitwirkungspflichten des Schuldners im eröffnten Insolvenzverfahren, deren grobfahrlässige oder vorsätzliche Verletzung unmittelbar den Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO eröffnen.
Allerdings kann die Insolvenzverwaltung die Beträge (nur) vor dem Prozessgericht einklagen und nicht (direkt) aus dem Eröffnungsbeschluss vollstrecken.
Kein Ertrag
Können Sie nicht den pfändbaren Anteil aus Ihrem angemessenen fiktiven Gehalt zahlen, müssen Sie sich um eine angemessenes Anstellungsverhältnis bemühen, vgl. BGH IX ZB 138/11.
Vom Vorwurf der schuldhaften Verletzung der Erwerbsobliegenheit muss sich der Schuldner entlasten, vgl. BGH IX ZB 203/10 oder BGH IX ZB 173/11.
Wenn der selbstständig Tätige erkennt, dass sein Ertrag niicht ausreicht, muss er sich wie der beschäftigungslose Schuldner um Alternativen bewerben, vgl. BGH IX ZB 133/07.
Immer vorausgesetzt, dass die Verletzung der Erwerbsobliegenheit kausal für die Gläubigerbeinträchtigung wirkt.
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Zweitverfahren
Für den neuen Unternehmergeist allerdings gelten verschärfte Bandagen.
Zwar ist ein Zweitverfahren über “das Vermögen auf der Insel”, also die Insolvenz in der Insolvenz, grundsätzlich möglich, vgl. BGH IX ZB 175/10, allerdings ist dafür der erneute Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung in der Insolvenzordnung nicht vorgesehen.
Ohne Freigabe
Fehlt es im eröffneten Insolvenzverfahren an dieser Freigabe ähnlichen Erklärung gemäß § 35 Abs. 2 InsO, fällt jeder Umsatz Ihres Unternehmens infolge des Insolvenzbeschlags in die Insolvenzmasse, vgl. BGH IX ZB 388/02.
Jede Ausgabe ist dann mit der Insolvenzverwaltung abzustimmen. Und Ihre Entnahme ist erst möglich, wenn Sie einen Antrag gemäß § 36 Abs. 1 InsO in Verbindung mit § 850i ZPO gestellt haben. Manchmal ist der gar schon im Insolvenzantrag “versteckt”, vgl. BGH IX ZB 40/16.
Ohne erfolgte Freigabe Ihrer selbstständigen Tätigkeit dürfte guter Rat schnell notwendig werden – Fachanwalt für Insolvenzrecht, gerne schildern Sie unverbindlich Ihre Ausgangslage.
Selbstständig in der Wohlverhaltensphase
Sie können in der sogenannten Wohlverhaltensphase – nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens – in der Laufzeit der Abtretungserklärung selbstständig sein.
Den Schuldner trifft eine Mitteilungspflicht über die Aufnahme der Tätigkeit. Einer Freigabe ähnlichen Erklärung Ihrer selbstständigen Tätigkeit durch die Insolvenzverwaltung bedarf nicht.
Ihre Obliegenheiten bestimmten sich gemäß § 295 Abs. 2 InsO, die Regelung gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO kommt nicht zum tragen, vgl. BGH IX ZB 98/11.