BGH IX ZB 139/07

Beschluss vom 03.12.09
Fassung InsO vor 01.07.14

Wer spielt

Gläubigerin stellt Versagungsantrag. 2. Runde, unentschieden. Wuppertal.

Um was es geht

Verlauf

Gläubigerin stellt Versagungsantrag und nimmt Bezug auf den Bericht der Treuhänderin. Später rügt sie, dass keine Nachweise erbracht seien, dass die Schuldnerin eine angemessene Erwerbstätigkeit ausübte oder sich um eine bemüht habe. Die Schuldnerin wendet ein, dass sie wegen der Betreuung ihres Kindes keine Erwerbstätigkeit aufnehmen könne.

Ergebnis

Im zulässigen Versagungantrag bedurfte der Sachvortrag zur Verletzung der Erwerbsobliegenheit keiner Glaubhaftmachung, da er unstreitig war. Das Verschulden der Schuldnerin musste ohnehin nicht von der Antragsstellerin glaubhaft gemacht weden.

Durch die Betreuung eines Kindes kann die Erwerbsobliegenheit entfallen.

(…) Die Obliegenheitsverletzung – nicht das Verschulden (vgl. BGH, Beschl. v. 24. September 2009 – IX ZB 288/08, Rn. 6) – muss zwar grundsätzlich von dem Antragsteller glaubhaft gemacht werden (HK-InsO/Landfermann, 5. Aufl. § 296 Rn. 8). Dies ist aber dann anders, wenn die Tatsachen, die bei objektiver Betrachtung einen Versagungsgrund ergeben können, unstreitig sind (BGH, Beschl. v. 8. Januar 2009 – IX ZB 73/08, WM 2009, 515 Rn. 6 und IX ZB 80/08, ZInsO 2009, 298 Rn. 4). So war es hier. Denn der Schuldner hat geltend gemacht, er habe wegen der Betreuung seines Kindes keine Arbeit aufnehmen können. Unter diesen Umständen musste die weitere Beteiligte nicht glaubhaft machen, dass der Schuldner sich um Arbeit nicht bemüht hat. Es kann vielmehr nur noch darum gehen, ob dieser sich um Arbeit hätte bemühen müssen.

(…) Die vom Schuldner geltend gemachte Betreuung seines Sohnes vermag auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen des Landgerichts eine Zurückweisung des von der weiteren Beteiligten gestellten Versagungsantrags nicht zu rechtfertigen.

(…) Die Erwerbsobliegenheit des Schuldners entfällt, wenn ihm die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit aufgrund der Umstände des Einzelfalls nicht zugemutet werden kann (…). Dies kann auch im Hinblick auf die Betreuung minderjähriger Kinder in Betracht kommen (…). Die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 295 (§ 244 RegE) InsO nennt als Beispiel ausdrücklich die Betreuung von Kleinkindern durch die Mutter (BT-Drucks. 12/2443 S. 192). Hieran anknüpfend wird daher im Schrifttum zu Recht die Ansicht vertreten, dass die Frage, ob und in welchem Umfang ein Schuldner neben einer von ihm übernommenen Kinderbetreuung erwerbstätig sein muss, in erster Linie nach den spezielleren familienrechtlichen Verpflichtungen zu bestimmen ist. Als Grundlage der Beurteilung sind die zu § 1570 BGB entwickelten familienrechtlichen Maßstäbe heranzuziehen (…). Nach der für den hier in Rede stehenden Zeitraum maßgeblichen Rechtsprechung besteht bei der Betreuung eines Kindes bis zum achten Lebensjahr grundsätzlich keine Erwerbsobliegenheit (vgl. BGH, Urt. v. 9. Juli 1992 – XII ZR 57/91, NJW 1992, 3164, 3165 f; v. 30. November 1994 – XII ZR 226/93, NJW 1995, 1148, 1149). Im Einzelfall kann dies nach den konkreten Umständen auch für die Betreuung eines Kindes bis zum elften Lebensjahr zutreffen (vgl. BGH, Urt. v. 21. Dezember 1988 – IVb ZR 18/88, NJW 1989, 1083, 1084). Bei einem Kind, das zwischen acht und elf Jahren alt ist, kommt es bei der Frage, ob der Schuldner zumindest eine Teilzeit-Erwerbstätigkeit ausüben muss, wiederum auf die Umstände des Einzelfalls an (vgl. BGH, Urt. v. 16. April 1997 – XII ZR 293/95, FamRZ 1997, 873, 874 ff).

(…) Das Landgericht wird daher zu prüfen haben, ob dem Schuldner aufgrund der Umstände des Einzelfalles zumutbar war, neben der Betreuung des Kindes auch eine Erwerbstätigkeit, aufzunehmen.

Überraschungen

keine

AG Wuppertal, Entscheidung vom 03.04.2007 – 145 IN 730/03 -
LG Wuppertal, Entscheidung vom 27.06.2007 – 6 T 336/07 -

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