BGH IX ZB 185/08
Beschluss vom 05.02.09
Fassung InsO vor 01.07.14
Wer spielt
Um was es geht
Verlauf
Über das Vermögen des Schuldners wurde am 5. Juli 2004 ein Regelinsolvenzverfahren eröffnet. Im Schlusstermin am 26. Juli 2005 stellte der weitere Beteiligte zu 1 den Antrag, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen, weil er seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten verletzt habe. Er habe verschwiegen, dass ihm von seinem Arbeitgeber ein Pkw Chrysler Jeep Cherokee zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt werde. Dies folge aus der eidesstattlichen Versicherung des Schuldners vom 21. März 2002. Hieraus ergebe sich ein geldwerter Vorteil von monatlich 410 €. Mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2005 hat der Schuldner bestritten, das Fahrzeug privat zu nutzen.
Das Amtsgericht – Insolvenzgericht – hat durch Beschluss vom 2. November 2005 den Versagungsantrag mangels ausreichender Glaubhaftmachung zurückgewiesen und dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der weitere Beteiligte zu 1 mit seiner Rechtsbeschwerde.
Ergebnis
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 289 Abs. 2 Satz 1, §§ 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Beschwerdegericht ausgeführt, der Antrag des weiteren Beteiligten zu 1 sei unzulässig. Dieser habe im Schlusstermin eine Verletzung von Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nicht glaubhaft gemacht. Die eidesstattliche Versicherung des Schuldners vom 21. März 2002 reiche nicht aus. Aus ihr gehe lediglich hervor, dass der Schuldner zum damaligen Zeitpunkt das Fahrzeug zur Verfügung gestellt bekommen habe. Ob die Nutzung auf den betrieblichen Gebrauch beschränkt gewesen sei, oder auch die private Nutzung umfasst habe, ergebe sich aus der Versicherung nicht. Hinsichtlich der Dauer der Nutzung des Fahrzeugs bis zum Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sei der Versicherung ebenfalls nichts zu entnehmen. Nachgeschobener Vortrag des weiteren Beteiligten zu 1 sei nicht zu berücksichtigen, weil die Glaubhaftmachung schon im Schlusstermin erfolgen müsse.
Ergebnis
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Das Beschwerdegericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass die gemäß § 290 Abs. 2 InsO erforderliche Glaubhaftmachung des Versagungsgrundes schon im Schlusstermin erfolgen muss und im Beschwerdeverfahren nicht nachgeschoben werden kann (BGHZ 156, 139, 142 f; BGH, Beschl. v. 5. April 2006 – IX ZB 227/04, ZVI 2006, 596, 597 Rn. 6; v. 23. Oktober 2008 – IX ZB 53/08, ZInsO 2008, 1272 Rn. 9). Das Nachschieben von Versagungsgründen im Beschwerdeverfahren ist ebenfalls nicht zulässig (BGH, Beschl. v. 18. Mai 2006 – IX ZB 103/05, NZI 2006, 538; v. 27. Juli 2006 – IX ZB 234/03, zit. bei Ganter NZI 2007, Beilage zu Heft 5 S. 18 Fn. 169; v. 23. Oktober 2008 aaO).
b) Das Beschwerdegericht hat jedoch nicht beachtet, dass nach ständiger Rechtsprechung des Senats eine Glaubhaftmachung des Versagungsgrundes ausnahmsweise dann nicht erforderlich ist, wenn die Tatsachen, auf die der Antragsteller seinen Antrag stützt, unstreitig sind (BGHZ 156, 139, 143; BGH, Beschl. v. 29. September 2005 – IX ZB 178/02, ZVI 2005, 614; v. 8. Januar 2009 – IX ZB 80/08).
c) Ausgehend von diesen Grundsätzen hätten die Vorinstanzen den Versagungsantrag des weiteren Beteiligten zu 1 nicht als unzulässig verwerfen dürfen. Einer Glaubhaftmachung des Versagungsgrundes im Schlusstermin bedurfte es nicht, weil der Schuldner den Vortrag zur privaten Nutzung des ihm zur Verfügung gestellten Pkw im Schlusstermin nicht bestritten hat. In Frage gestellt hat er die private Nutzung erstmals in einem Schriftsatz vom 13. Oktober 2005. Dieses Bestreiten hätten die Vorinstanzen nicht mehr berücksichtigen dürfen. Entsprechend dem Verbot des Nachschiebens von Versagungsgründen und der Glaubhaftmachung nach Beendigung des Schlusstermins kommt auch ein erstmaliges Bestreiten des Versagungsgrundes nach diesem Termin nicht mehr in Betracht. Der Schuldner, der im Schlusstermin nicht erscheint, oder – wie hier – den geltend gemachten Versagungsgrund nicht bestreitet, kann den Versagungsgrund später nicht mehr in Frage stellen. Andernfalls würde er den Gläubiger zu einer nachträglichen Glaubhaftmachung zwingen, die diesem jedoch nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Senats versagt ist. Die Entscheidung über die Frage, ob der Gläubiger den Versagungsantrag glaubhaft zu machen hat, kann deshalb nicht erst nach Ende des Schlusstermins fallen. Vielmehr muss schon im Schlusstermin feststehen, ob eine Glaubhaftmachung ausnahmsweise entbehrlich ist, weil der Schuldner den Versagungsgrund gar nicht bestreitet, oder ob es einer solchen bedarf.
Dem Schuldner ist es auch zuzumuten, im Schlusstermin zu erscheinen und sich zu dem Antrag des Gläubigers zu erklären. Er hat den Antrag gestellt und will Befreiung von seinen restlichen Verbindlichkeiten erreichen. Die Gründe, die zur Versagung der Restschuldbefreiung führen können, sind Gegenstand seiner eigenen Wahrnehmung. Zu der Frage, ob er sie bestreitet und damit die Pflicht des Insolvenzgerichts zur Ermittlung von Amts wegen auslöst (BGHZ 156, 139, 142), kann er sich sofort erklären. Eine Bedenkzeit brauchte ihm nicht eingeräumt zu werden und ist ihm auch nicht eingeräumt worden. Erscheint der Schuldner im Schlusstermin nicht und wird ihm die Restschuldbefreiung aufgrund des unstreitig gebliebenen Vortrags des Gläubigers versagt, so hat er sich dies selbst zuzuschreiben.
3. Die vorsätzliche oder grob fahrlässige Nichtangabe der Überlassung eines Fahrzeugs zur privaten Nutzung, die einen geldwerten Vorteil darstellt, ist geeignet, eine Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO zu begründen (vgl. BGH, Beschl. v. 17. Januar 2008 – IX ZB 154/07). Bei unrichtigen oder unvollständigen Angaben liegt ein Verstoß gegen die Offenbarungspflichten des Schuldners auch dann vor, wenn dieser sich nicht zum Nachteil der Gläubiger ausgewirkt hat (BGH, Beschl. v. 8. Januar 2009 – IX ZB 73/08). Es genügt, dass die Angaben ihrer Art nach geeignet sind, die Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu gefährden. Das Beschwerdegericht wird dieses sowie die subjektiven Voraussetzungen für eine Versagung der Restschuldbefreiung festzustellen haben.
Der Beschluss des Beschwerdegerichts kann damit keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben; die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO).
Überraschungen
keine
AG Weilheim i. OB, Entscheidung vom 02.11.2005 – IN 455/03 -
LG München II, Entscheidung vom 08.07.2008 – 7 T 7348/05